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Tschenkowitz

Erste Erwähnung:1304 (Czunkendorf)
Einwohner 1930:595
Landkreis:Landskron
tschech. Name:Čenkovice
Karte Schönhengstgau x
Tschenkowitz

Winter Tschenkowitz liegt in den östlichen Ausläufern des Adlergebirges am Fuße des Buchbergs (958 m), der die Wasserscheide zwischen Nordsee und Schwarzem Meer bildet. Es erstreckt sich 3 km in ostwestlicher Richtung in enem schönen, breiten, von einem klaren Forellenbach durchrauschten Tal. Die zu beiden Seiten des Tales anstoßenden Koppen, die nach ihren Besitzern benannt sind, stehen wie stumme Wächter des Dorfes da, beschützen es vor den Unbilden der Stürme und bieten eine schöne Fernsicht nach allen Seiten. Durch die Bezirksstraße von Landskron nach Adlerdörfel ist die Gemeinde mit Landskron verbunden. An der Nordwestseite führt die Reichsstraße Troppau über Königgrätz nach Prag.

Vor 1350 nach Wildenschwert eingepfarrt. 1767 Lokalie in Tschenkowitz auch für Adlerdörfel. 1782 eigene Pfarrei, Neudorf eingepfarrt. Eine Glocke trug die Jahreszahl 1485; die 1641 zu Glatz gegossene nennt eine Erbrichter Hans Weinling.

Die letzten beiden Erbrichter, Vater und Sohn Koblitschke, übten ihr Amt 130 Jahre aus.

1667 hören wir von der dem St. Laurentius geweihten Kirche. 1780 - 82 Neubau der Kirche im Barockstil durch den Fürsten. Das Bild des Hauptaltars mit dem Märtyrer Laurentius von Karl Streta stammt aus einem von Kaiser Josef II. aufgehobenen Kloster. Der schlanke, hohe Kirchturm mußte später wegen der großen Stürme abgetragen werden. 1783 Pfarrhaus erstellt. 1906/07 die Kirche mit einem Kostenaufwande von 26 000 K erneuert, wozu alle einheimischen und auswärtigen Tschenkowitzer hochherzig beigetragen haben. Die herrlichen Kathedralfenster mit den kunstvollen Glasgemälden waren Stiftungen u.a. der Eheleute Johann und Antonia Kratky. 1736 ließen Johann und Susanne Felzmann die Statue des hl. Johannes von Nepomuk errichten. 2 Kreuze stammen aus dem 18. Jahrhundert. 1735 entstand die in weitem Umkreis einzige evangelisch-reformierte Glaubensgemeinde, die sich bald nach 1781 eine eigene Kirche erbaute; den Turm dazu 1881. Bis 1882 gehörte sie nach Böhmisch Rothwasser. Danach hatte sie einen eigenen Pfarrer. Nach 1781 verstärkten zugezogene Protestanten aus der Gegend von Jauernig die Gemeinde. Die Herrnhuter wurden früher von Pottenstein und später von Wildenschwert aus betreut. Sie besaßen das Herrnhuterhaus mit dem Betsaal. Das friedliche und einträchtige Auskommen aller drei Bekenntnisse in unserer Gemeinde ist gewiß ein gutes Zeichen für das tolerante Verhalten der ganzen Bewohnerschaft.

Schule Der erste Lehrer ist uns 1686 belegt. Das Schulhaus aus Holz wurde 1834 durch ein neues Gebäude ersetzt, das der Fürst erbauen ließ. Er bewilligte hierfür 1835 Gulden, 19 000 Schindeln, 71 000 Ziegel und 563 Klafter Holz. Den Keller und Schupfen mußte der damalige Lehrer auf eigene Kosten herstellen lassen. Die Gemeinde hatte an Kosten 2 400 Gulden. 1879 wird die Schule 3-klassig, 1883 4-klassig; nach 1918 2 Klassen gesperrt. Der DKV errichtet einen Kindergarten, die Tschechen 1924/25 eine tschechische Minderheitenschule. Daß sich so viele Tschenkowitzer Jünglinge den höheren Studien widmeten, war neben der tüchtigen Schule auch dem Umstande zu verdanken, daß edle Männer große Studentenstiftungen errichtet hatten.

Da der Boden die Bevölkerung nicht ernährte, hatte sich diese teilweise auf Gewerbe und Handel verlegt. Bis zu den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stand die Hausweberei, die zumeist Scheckel und Kanafasse erzeugte, in großer Blüte. Auch das Bürstenmachergewerbe, die Korbflechterei und die Herstellung von Hemdknöpfen wurde eingeführt. Als die mechanischen Webereien die Handwebereien lahmgelegten, mußten viele Weberfamilien auswandern und in den mechanischen Webereien des In- und Auslands Verdienst suchen. Die Auswanderer begaben sich zumeist in die großen Webereien nach Harburg, Bremen (1920 lebten dort ca. 300 Zugezogene mit Heimatrecht in Tschenkowitz). Braunschweig, Schiffsbek, auch nach Delmenhorst, Landsberg a. d. Warthe und nach Amerika. Ab 1938 gingen viele junge Leute nach dem Altreiche in Stellung.

Gründungen zur Förderung der Gemeinschaft: Landwirtschaftlicher Verein, 1904 Flachsbaugenossenschaft für Tschenkowitz und Umgebung mit Flachsbrecherei (der Gewinn wurde so an alle gleichmäßig verteilt), Bürgerlicher Vorschußverein (Volksbank); Genossenschaft der vereinigten Gewerbe für Tschenkowitz, Adlerdörfel und Neudorf; Genossenschaft für Weberei, Molkereigenossenschaft, Bund der Landwirte, 1877 Verein der freiwilligen Feuerwehr (1927 Motorspritze angeschafft und Gauverbandsfest in Tschenkowitz), Theaterverein, Musikkapelle, Bund der Deutschen, Fremdenverkehrsverein. Am Waldesrand und an besonders schönen Plätzen wurden Ruhebänke aufgestellt. Im romantisch-schönen Waldtal mit den malerischen Felsgebilden legte man das 50 m-Schwimmbecken an, 1930. Mähr. Trübauer und Prager Studenten entdeckten 1923 das Schneeparadies beim Buchberg. Der Wandervogel hatte ein Landheim gemietet. Der Bund der Deutschen Brünn übernahm 1930 die Patenschaft über das Dorf. Durch die Werbung kamen Sommer- und Wintergäste von überall, besonders aus Brünn. Strebsamkeit, Sparsamkeit udn Fleiß in der Gemeinde sorgten für solide und geordnete Lebensverhältnisse. Die Not und Armut, die unverschuldet waren, wurden durch das Armeninstitut gelindert, das 1826 von Pfarrer Ignaz Appel aus Lukau gegründet und außer mehreren kleinen Spenden durch die 1913 errichtete Czernohorsky-Stiftung für 12 Arme und Schulkinder erweitert wurde. Die von Sylvester Koblischke 1898 errichtete Stiftung mit einem Kapitel von 10 000 K wurde von der Gemeinde verwaltet.

Die Tschenkowitzer sind wegen ihrer Freundlichkeit und Geselligkeit sehr beliebt. Jahraus, jahrein fleißig, gönnten sie sich doch gerne von Zeit zu Zeit auch eine anständige Unterhaltung; Gesang, Konzert, Tanz und Theater gehörten zu den bevorzugten Unterhaltungen. Der Rocken- und Lichtergang mit fröhlichen Liedern und Scherzen und freundlicher Bewirtung kamen auch nicht zu kurz.

An Betrieben sind zu nennen: Flachsaufbereitungsfabrik Koblischke mit modernsten Schwingturbinen und Warmwasserrösten, Mechanische Weberei Seidelmann, 11 Hausierhändler mit Textilware, 5 Gemischtwarenhändler, 5 Gastwirte, 2 Fleischer, 2 Müller, je 1 Schneider, Schmied, Schuhmacher, Wagner, Möbeltischler; eine Poststelle seit 1872. Bushaltestellen der Linie Landskron - Grulich.

Letzter Bürgermeister Leo Seidelmann, letzter Pfarrer Wilhelm Wenzel, letzter Schulleiter Otto Herdina.

[FG-01]